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Meerrettich
Der Meerrettich
(Armoracia rusticana, bairisch:
Kren) gehört zur Familie der
Kreuzblütengewächse (Brassicaceae). Die Wurzel der Meerrettichpflanze wird als
Gemüse, Gewürz oder in der Pflanzenheilkunde verwendet.
Im bairischen und fränkischen Sprachraum wird der
Meerrettich auch „Kren“ genannt. Die fränkische Variante
wird entsprechend der Aussprache auch “Kree” geschrieben. Im alemannischen
Sprachraum kennt man den Namen „Meerettig“. Weitere Namen sind „Mährrettig“,
„Merch“ oder „Beisswurzel“. „Steirischer Kren g.g.A.“ ist eine anerkannte
Herkunftsbezeichnung mit Regionenschutz.
Vegetative Merkmale
Der Meerrettich
wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 50 bis 120
(selten bis 200) Zentimeter. Diese winterharte Pflanze hält Temperaturen bis
-50 °C aus. Als Überdauerungsorgan wird eine senkrechte, walzenförmige Pfahlwurzel
gebildet, die eine Länge von 30 bis 40 Zentimeter und einen
Durchmesser von 4 bis 6 Zentimeter erreicht. Unter guten
Bedingungen mit leicht durchwurzelbarem Boden (Moor, Sand) wird die Pfahlwurzel
bis zu 60 Zentimeter lang. Zum Stängel hin ist die Wurzel vielköpfig und
am Wurzelende ästig mit vielen Seitenwurzeln und Wurzelfasern. Die unregelmässig
gerillte Wurzel ist aussen schmutzig gelb-braun, aber das Innere ist weiss und
etwas faserig.
Generative Merkmale
m
Frühjahr beginnen sich die Blütenstände zu bilden und die Blütenzeit reicht von
Mitte Mai bis Juli. Die runden Blütenstandschäfte erreichen Wuchshöhen von bis
zu 1,20 Meter. Der traubige Blütenstand besitzt Durchmesser von bis zu
40 Zentimeter. Es sind keine Hochblätter vorhanden. Die Blüten duften
stark.
Herkunft des deutschen Trivialnamens
Zur Herkunft des Wortes Meerrettich gibt es
unterschiedliche Auffassungen. Der Pflanzenname lässt sich in seiner
althochdeutschen Form erstmals im 10. Jahrhundert nachweisen. Nach Heinrich
Marzell bedeutet der Name „der über das Meer zu uns gekommene Rettich“. Ein
Hinweis auf diese Deutung sei auch die Tatsache, dass Meerrettich an
Meeresküsten wachse. Die Meinung, dass Meerrettich aus Mährrettich (von Mähre
= altes Pferd) entstanden sei (so in Adelung) und so dem englischen horse-radish bzw. dem französischen radis de cheval entspräche, hält
Marzell für eine oft vorkommende „gelehrte Volksetymologie“. Der etymologische Duden
vertritt dagegen die Meinung, dass die eigentliche Wortbedeutung wahrscheinlich
lediglich einen „grösseren Rettich“ bezeichnet und die unter anderem von
Marzell vertretene Meinung eine spätere Umdeutung darstellt. Hierzu ist zu
bemerken, dass Marzell in seiner Arbeit von 1943 das Volksetymologische wohl zu
stark gewichtet hat – und der Gebrauch von mehr im Sinne von „stärker“ oder „grösser“ war seit dem
Mittelhochdeutschen seltener geworden, so wurde nach anderen plausiblen
Konstruktionen gesucht. Das in Österreich und Süddeutschland verwendete Wort
„Kren“ (für Meerrettich) ist ein Lehnwort aus dem slawischen Sprachraum, wo es
seine Entsprechung findet, zum Beispiel im tschechischen „kren“.
Vorkommen und Bedeutung
Verwildert kommt Meerrettich am Rand feuchter Wiesen,
Bachläufen und Flussufern vor. In Deutschland sind die Zentren des
Meerrettichanbaus der Spreewald, das badische Fautenbach, das Meerrettichdorf Urloffen
in Baden sowie das fränkische Baiersdorf, wo es auch ein Meerrettichmuseum gibt.
Im Raum Bamberg und Nürnberg ist der
Anbau von Meerrettich bereits seit Karl dem Grossen bekannt. 1930 wurde der
Meerrettich-Anbau im fränkischen Raum zwischen Nürnberg und Forchheim als der
weltweit grösste angesehen. In den Niederlanden wurde damals noch kaum
nennenswert Meerrettich angebaut. Aber auch in Norddeutschland im Raum
Hannover, Erfurt, Hamburg und in Schlesien.
In Österreich
befinden sich die traditionellen Anbaugebiete für Kren in den süd- und
oststeirischen Bezirken Fürstenfeld, Feldbach, Deutschlandsberg, Voitsberg, Leibnitz,
Hartberg, Weiz, Graz-Umgebung und Radkersburg. Jährlich werden in der Steiermark
rund 4000 Tonnen Kren produziert. Die Anbaufläche beträgt rund 300 Hektar.
In Frankreich im Elsass existieren heute etwa 20 ha, die von 15
Produzenten mit Meerrettich bebaut werden. In den USA wird Meerrettich
hauptsächlich in den Staaten Missouri, Illinois, New York und New Jersey
kommerziell angebaut. Auch
dort kommt er durch den Anbau verwildert vor. Südafrika kennt den
Meerrettichanbau ebenfalls.
Herkunft und Geschichte
Meerrettich war schon in der Antike bekannt. Dies wird
beispielsweise durch ein pompejisches Wandgemälde belegt. Cato befasste sich in
seinen Abhandlungen zum Ackerbau ausführlich mit dieser Pflanze. Ursprünglich
stammt der Meerrettich aus Ost- und Südeuropa. Von dort wurde Meerrettich durch
die slawischen Völker nach Mitteleuropa gebracht und verbreitet. Heute kommt er
in Mitteleuropa verwildert vor. In Ostrussland und der Ukraine gibt es ihn noch
in der Wildform.
In Deutschland soll der Meerrettich erst seit dem
Mittelalter angebaut worden sein. Der Meerrettich soll zunächst als Heilpflanze
und dann erst als Gewürz eingesetzt worden sein. Die Bezeichnung „Steirischer
Kren“ geniesst seit 2009 den Schutz der EU und ist eine geschützte
geographische Angabe.
Der
Meerrettichanbau in Nordamerika geht auf im Spreewald geerntete und in Kisten
und Fässern verschiffte Pflanzen zurück. Seit 2010 läuft ein Projekt der
EU-Kommission, in welchem die Vermarktung und der Absatz des „Bayerischen
Meerrettichs“ unter dem Begriff Weltgenusserbe
Bayern gefördert wird.
Nutzung
Anbau
Besondere Sorten kennt man beim Meerrettich nicht, jedoch
haben sich über die Jahrhunderte des erwerbsmässigen Anbaus örtliche Herkünfte
mit eigenen Selektionen entwickelt. Wurzelform und Geschmack unterscheiden
sich. Meerrettich braucht leicht durchwurzelbare und leicht bearbeitbare
tiefgründige Böden, die gerades Wachstum und leichte Ernte der Wurzeln
ermöglichen. Deshalb hat er sich in Deutschland in Gegenden wie Nürnberg
(lehmiger Sand) und Baden (Löss und sandiger Schwemmlandboden) besonders
ausgebreitet.[
Eine Düngung mit 40 bis 50 t/ha Stallmist wirkt im Herbst
besser, wenn dieser eingepflügt wird.
Der Boden darf nicht frisch vor der Pflanzung mit Mist gedüngt sein.
Meerrettich ist gegen hohe Salzgehalte im Boden empfindlich, weshalb eine
organische Düngung vorzuziehen ist.
Gepflanzt werden am besten Seitenwurzeln (Fechser oder
Fexer und Schwigatze im Spreewald. Dazu werden etwa 6 bis 8 mm dicke und
teils 30 oder 50 bis 60 cm lange Fechser ausgesuchter Mutterpflanzen
verwendet, die bei der Ernte im Herbst von ausgewachsenen Meerrettichstangen
anfallen. Die Fechser werden Ende März bis April oder gleich im Herbst
(November) gepflanzt. Die Wurzeln werden schräg in vorbereitete Gräben gelegt
oder mit einem lange Pflanzholz in vorgestochene schräg verlaufende Löcher
geschoben. Werden sie zu waagerecht gelegt, wächst die Wurzel kaum in die
Dicke, kommen sie zu steil in den Boden, wachsen sie zu sehr ins Kraut. Das spezielle Pflanzholz, das leicht gekrümmt
und teils mit Eisen beschlagen wurde, ist 50 Zentimeter lang und wird
Kreenstecher genannt.
Heute wird mit einer speziellen Pflanzmaschine gepflanzt.
Der Pflanzabstand beträgt 25 Zentimeter in der Reihe, der Reihenabstand
50–60 Zentimeter. Die Wurzeln werden mit Erde bedeckt, aber nicht
zugedeckt, wobei die Köpfe zu etwa 2–3 Zentimeter oberhalb der Erde
bleiben. Auch der Dammanbau ist möglich und heute im Erwerbsanbau Standard.
Drei bis vier Wochen nach der Pflanzung treiben die Schnittlinge (Fechser) aus.
Im Laufe der Kultur wurden früher die Wurzelstöcke
freigegraben oder angehoben, um die Seitenwurzeln zu entfernen und so das
Wachstum der stärksten Wurzel zu fördern. Dies geschah im Juni und ergab grosse
und kompakte Wurzeln. Das Entfernen der Seitenwurzeln erhöht auch den Ertrag,
weil mehr Wurzeln mit vermarktbarer Qualität geerntet werden können. Wird dies
nicht gemacht, sinkt der Anteil der A-Ware von 90 auf 40 Prozent..Gleichzeitig
werden jedoch dadurch Wurzelkrankheiten gefördert.
Das Hauptwachstum der Kultur erstreckt sich auf den
späteren Sommer, weshalb die Kultur besonders in dieser Phase wenn nötig
bewässert und gedüngt werden sollte. Abgesehen von der Bewässerung wird während
des ganzen Jahres lediglich das Unkraut bekämpft. Sind die Wurzeln zur Ernte im
Hausgarten noch zu schwach, können einzelne Pflanzen auch im Boden belassen und
im Folgejahr geerntet werden. Im Erwerbsanbau ist das nicht üblich. Um jedoch
besonders dicke Stangen zu ernten, kann die ganze Kultur auch zwei Jahre ohne
Ernte stehen bleiben.
Ernte
Die Ernte kann dann beginnen, wenn die Blätter beginnen
abzusterben. Dann ist das Wurzelwachstum beendet Da Meerrettich winterhart ist,
kann die Ernte vom Herbst ab Ende Oktober bis zum Frühjahr vor dem erneuten
Austreiben der Wurzelstöcke stattfinden.
Geerntet wird mit einem durch Verstärkungen robusteren
Kartoffelernter, mit dem die Reihen 40 Zentimeter tief unterfahren werden.
So können auch die Seitenwurzeln, die als Schnittlinge zu Fechser vorbereitet
werden, schadlos aufgenommen werden. Wenn danach eine andere Kultur folgen
soll, müssen beim Ernten alle Wurzelstücke entfernt werden, sonst wird
Meerrettich zum Unkraut.
Es wird mit einem Ertrag von 20 Tonnen/ha gerechnet,
was etwa 30.000 Stangen entspricht. Der Ertrag
schwankt jedoch je nach Pflanzdichte (2–4 Fechser/m²) und niedriger bis hoher
Düngung zwischen 5,6 und 30,6 t/ha.Wird schon im
August geerntet, kann nur das halbe Ertragspotential ausgeschöpft werden, weil
im Oktober die grösste Ertragszunahme stattfindet.
Da Meerrettich
leicht zu lagern ist, kann er über große Distanzen transportiert und verkauft
werden. Zum Verkauf als Frischware wird er gewaschen und in Folien verpackt, um
das Austrocknen zu verhindern. Der grösste Teil geht jedoch als Industrieware
in die Verarbeitung. Für die Kultur werden je nach Mechanisierung 800 bis 1000
Arbeitsstunden benötigt.
Krankheiten und Schädlinge
Als Schädlinge sind Mäuse und Engerlinge, die an den
Wurzeln fressen, sowie Meerrettichkäfer und deren Larven zu nennen. Letztere
verursachen wie die ebenfalls vorkommenden Meerrettich-Erdflöhe und die
gelbschwarz gestreiften Erdflöhe Lochfrass und können bei sehr starkem Befall
das ganze Blattwerk vernichten. Die Rübenblattwespe (Athalia spinarum) verursacht auch gelegentlich sogenannte
Platzmienen durch Frass unter der Blattoberfläche, sowie Blattläuse. Kohlweissling,
Meerrettichspanner (Larentia fluctuata)
und Kohlzünsler (Evergestis forficalis)
trifft man weniger an. Bei den
Pilzkrankheiten sind Ascochyta
armoraciae und Cercospora
armoraciae zu erwähnen. Ausserdem kommen Weisser Rost (Cystopus candidus), der oft
gleichzeitig mit Falschem Mehltau auftritt, vor.
Frische Düngung
mit Mist im Frühjahr kann zu fleckigen Wurzeln führen. Dabei handelt es sich um
die Meerrettichschwärze, die wohl physiologisch bedingt ist. Durch die
vegetative Vermehrung kommt es leicht zur Vermehrung von mit Viren verseuchtem
Pflanzgut. Bekannt ist das Virus, das die Fadenblättrigkeit verursacht. Weitere
Viruskrankheiten an Meerrettich sind die Meerrettich-Mosaikkrankheit (turnip
mosaic virus), die auch die Kohlschwarzringflecken verursacht. Darüber hinaus
kommen auch noch das Arabis-Mosaik-Virus (arabis mosaic virus) und das Tomatenschwarzringvirus
(tomato black ring virus) vor.
Verwendung
Küche
Insbesondere in den Meerrettichanbaugebieten gehören
Gerichte mit Meerrettich zum Alltag. Die Meerrettichwurzel ist in
unverarbeitetem Zustand geruchlos. Wird die Wurzel geschnitten oder gerieben,
verströmt sie einen stechenden und zu Tränen reizenden Geruch. Verantwortlich
für diesen ist Allylisothiocyanat, das sich bei Zellverletzung enzymatisch aus Sinigrin
bildet. Vor der leichten Erhältlichkeit von Pfeffer waren Meerrettich und Senf
die einzigen scharfen Gewürze der deutschen Küche und fanden entsprechend viel
Anwendung. Wird die Wurzel getrocknet oder gekocht, verliert sie ihr flüchtiges
Öl grösstenteils und damit auch ihren scharfen Geschmack. Geschätzt wird der
konservierende Effekt von in Essig eingemachtem Konservengemüse. Japanischer
Meerrettich (Wasabi) dagegen ist im Aroma von europäischem Meerrettich kaum zu
unterscheiden, aber von grüner Farbe und im Geschmack etwas stärker. Er macht
einen „frischeren“ Eindruck.
Der Engländer John
Gerard berichtete 1597, dass sich „der gestampfte und mit etwas Essig verrührte
Meerrettich bei den Deutschen für Saucen zu Fischgerichten und bei Speisen, die
wir mit Senf essen“, allgemeiner Beliebtheit erfreue. Meerrettich wird heute
unter anderem zu Räucherfisch, Tafelspitz, Beiried (Roastbeef), zu Schinken und
Frankfurter oder Wiener Würstchen serviert. Mit Meerrettich gewürzter Quark
oder Frischkäse ist ein beliebter Brotaufstrich. Oft wird Meerrettich mit Sahne
als Sahnemeerrettich zubereitet.
Weitere Zubereitungsarten sind Meerrettichsenf oder auch
Preiselbeer-Sahnemeerrettich, der zu Wild verwendet wird, und der besonders im
bayerischen und österreichischen Raum verbreitete Apfelkren, neben Semmelkren
die klassische Beilage zu gekochtem Rindfleisch wie Tafelspitz. Auch zu
gedünstetem Fisch passt Meerrettich-Creme. Neben der rohen Verwendung wird
Meerrettich auch gekocht verwendet. Er findet in Franken und Hessen als
Meerrettichsauce zum gekochten Rindfleisch seinen Platz auf den Speisekarten.
Inhaltsstoffe
Meerrettich enthält unter anderem folgende Inhaltsstoffe:
Vitamin C, Vitamine B1, B2 und B6, Kalium, Calcium, Magnesium, Eisen und Phosphor
sowie die Senfölglykoside Sinigrin und Gluconasturtiin, Allicin, Flavone, ätherische
Öle, aus denen sich Senföle bilden, die unter anderem antibiotisch wirken.
Der Vitamin-C-Gehalt der frischen Pflanze beträgt
177,9 mg/100 g Frischgewicht. Der hauptsächlich als Geschmacks- und
Geruchsträger verantwortliche und zu Tränen reizende Stoff ist Allyl- oder
Butylsenföl. Sie sind bis zu einem Gehalt von 0,05 % in der frischen
Wurzel enthalten. Ausserdem konnten die Senföle Methyl-, Ethyl-, Isopropyl-,
4-Pentenyl-, 2-Phenylethylisothiocyanat sowie Ethylthiocyanat festgestellt
werden. Beim Zerstören der Zellen wirkt das Enzym Myrosinase auf das Glycosid
Sinigrin, eine Vorstufe zu Senföl, ein und lässt Senföl entstehen. Weitere
Inhaltsstoffe sind Asparagin, Glutamin, Arginin, organisch fixierter Schwefel
sowie das Enzym Peroxidase (Meerrettich-Peroxidase (englisch horseradish peroxidase), abgekürzt
HRP).
Lagerung
Die Wurzel wird im Herbst geerntet, von Wurzelfasern,
Seitenwurzeln und überschüssiger Erde befreit und in feuchtem Sand
eingeschlagen. Im Erwerbsanbau werden die Wurzeln in Foliensäcke oder -Beutel
verpackt, bei -2 °C im Kühlraum aufbewahrt und sind so nach der Ernte noch
lange lieferbereit und halten bis zur nächsten Ernte. Lagerungsversuche
zeigten, dass eine Lagertemperatur bis -5 °C zu empfehlen ist. Die Wurzeln
werden bei niedrigeren Temperaturen gummig und zäh. Während der Lagerung
verlieren die Wurzeln langsam ihre Schärfe, welche direkt nach der Ernte am
intensivsten ist.
Medizinische Bedeutung
Im Mittelalter gab es eine ganze Liste von Krankheiten,
gegen die der Meerrettich verabreicht wurde. Es wurde hauptsächlich als
reizendes, hauterrötendes Mittel verwendet und gegen Skorbut (Vitaminmanngelkrankheit)
eingesetzt. Meerrettich wurde dazu mehr äusserlich als innerlich angewendet. Ausserdem
wurde Meerrettich als nützlich gegen Vergiftungen in grösseren Mengen gegessen,
um das Erbrechen zu fördern. Er wurde weiter wie Senf gegen
Verdauungsbeschwerden, Skorbut, Wassersucht, Amenorrhoe und bei Wechselfieber
benutzt. Dazu wurde die Wurzel gerieben oder gepresst und löffelweise
verabreicht. Auch gegen Ohrenweh und Dreitagefieber wurde er als nützlich
angesehen.
Heutzutage wird Meerrettich verwendet, um die
Abwehrkräfte zu stärken und vor Erkältungskrankheiten zu schützen. Der
Meerrettich enthält sehr viel Vitamin C. Die in den Apotheken käufliche Radix
Armoraciae ist in Heilmitteln gegen Grippe und Harnwegsinfektionen enthalten.
Er wirkt blutkreislaufanregend, hustenlösend und wird äusserlich als
Breiumschlag bei Rheuma, Gicht, Insektenstichen, Ischias und anderen
Nervenschmerzen angewandt. Auch bei Kopfschmerzen soll er helfen. Dazu muss man
ein wenig Duft des geriebenen Meerrettichs einatmen, wodurch leichte
Verspannungen gelöst werden. Der Meerrettich soll auch wirksam gegen
Magen-Darm-Störungen sein und auf die Absonderung des Gallensaftes
(Fettverdauung) günstig wirken. Zusätzlich enthält der Meerrettich auch
bakterienhemmende (antibiotische) und krebsvorbeugende Stoffe. Das sind
schwefelhaltige Substanzen, die auch im Knoblauch vorkommen (wie Allicin, Sinigrin),
und den Meerrettich zu einem sehr gesunden Gewürz machen.
Wissenschaftlich belegt ist die antimikrobielle Wirkung
der so genannten Senföle im Meerrettich. Das ätherische Öl enthält Allylsenföl
(ca. 90 %) und 2-Phenylethylensenföl. Je nach Dosis wirkt der Meerrettich
bakteriostatisch bzw. bakterizid. Zur
Senfölgewinnung wird nicht die Staude, sondern nur das unterirdische
dickfleischige Wurzelwerk des Meerrettichs verwendet.
Bereits in den
50er Jahren des 20. Jahrhunderts konnte die antimikrobielle Wirkung flüchtiger
und öliger Wirkstoffe aus dem Meerrettich bestimmt werden. In-vitro Tests haben
gezeigt, dass das Gesamtöl eine stark bakteriostatische Wirkung besitzt: das
Allylsenföl aus der Meerrettichwurzel zeigt eine gute Wirksamkeit im
gramnegativen Spektrum, während das 2-Phenylethylensenföl ein erweitertes
Wirkspektrum im grampositiven Bereich aufweist.
Auch eine
antivirale Wirkung des Senföls aus Meerrettich konnte nachgewiesen werden.
Meerrettichöl wirkt ausserdem auf humanpathogene Pilze, Hefen, Spross- und
Schimmelpilze gut fungistatisch.
In verschiedenen Untersuchungen wurde eine entgiftende
Wirkung durch Meerrettichöl bei Streptokokken- und Staphylokokken-Infektionen
nachgewiesen, was sich durch Inaktivierung bzw. Zerstörung des
Streptokokkentoxins Streptolysin O erklärt. In Untersuchungen am
Hygieneinstitut Giessen wurde bereits 1963 festgestellt, dass ca. 100 mg
der Pflanze die Menge Wirkstoff enthalten, die erforderlich wäre, um das Dreifache
derjenigen Staphylokokkentoxinmenge zu inaktivieren, die bis dahin als höchste
Toxinkonzentration im menschlichen Organismus gefunden wurde.
Meerrettichwurzel
ist bei Katarrhen der Luftwege, Infektionen der ableitenden Harnwege und zur hyperämisierenden
Behandlung bei leichten Muskelschmerzen (äussere Anwendung) angezeigt. Zur
Anwendung kommen die frische oder getrocknete zerkleinerte Droge, der
Frischpflanzenpresssaft oder andere galenische Zubereitungen zum Einnehmen oder
zur äusseren Anwendung zur Verfügung. Eine Kombination der Meerrettichwurzel
mit anderen Pflanzenstoffen ist sinnvoll. Kombiniert mit Kapuzinerkressenkraut
wird die Meerrettichwurzel in der Praxis als Phytotherapeutikum zur Behandlung
von Atemwegs- und Harnwegsinfekten eingesetzt. In-vitro-Studien belegen, dass
eine Kombination der beiden Pflanzenstoffe ein breites antibakterielles
Wirkspektrum gegenüber 13 klinisch relevanten Bakterienstämmen besitzt.
Früher ging man davon aus, dass bei Blasen- und
Nierenleiden kein Meerrettich gegessen werden sollte, da grosse Mengen
Meerrettich Nierenbluten auslösen könnten. In heutiger Fachliteratur wird
dieses Problem nicht mehr berichtet. Meerrettich eignet sich nicht für
Patienten mit Magen- oder Darmgeschwüren sowie Schilddrüsenfehlfunktionen.
Meerrettich kann in rohem geriebenem Zustand in Mund und
Nase brennen, auf der Haut Rötungen und Blasen hervorrufen und in sehr grossen
Mengen eingenommen zu Durchfall oder Erbrechen führen. Diese Eigenschaft
verliert sich durch Trocknung der Meerrettichwurzel.
Aberglaube
Man sagt dem Meerrettich als Amulett heilende Kräfte nach
– Kinder trugen früher auf dem Land öfter eine Halskette, die aus geschnittenen
aufgefädelten Scheiben einer Meerrettichwurzel hergestellt war. Legt man eine Scheibe
rohen Meerrettich in den Geldbeutel, soll dieser niemals leer werden.
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